Covid19 hat einem großen Prozentsatz deutscher Angestellter Homeoffice ermöglicht – unfreiwillig, mit Licht und Schatten. Oft in Firmen, wo es vorher undenkbar schien. Aber im internationalen Vergleich war die Quote hierzulande geringer als anderswo. Das liegt nicht nur an den Firmen. Mehr als 80 Prozent der 1.500 telefonisch befragten Ewerbstätigen einer Bitkom-Studie wünschen sich wieder einen festen Büroarbeitsplatz.
Die deutschen Büroräume waren 2020 zu mehr als 30 Prozent besetzt. In angelsächsischen Ländern wie Großbritannien oder den USA lag der Anteil an Mitarbeitenden im Büroarbeitsplatz nicht über zehn Prozent laut einer Studie der Firma Locatee: 30 Prozent der Befragten waren der Meinung, es werde sich nach der Pandemie nichts ändern und 41 Prozent waren sich sicher, dass das klassische Büro jetzt nach den Erfahrungen mit dem coronabedingten Homeoffice nach und nach verschwinden werde. Im Westen Deutschlands lag die Homeofficequote bei 40 Prozent und im Osten bei 31. Im Westen sind ein Viertel der Erwerbstätigen, die im Homeoffice arbeiten durften, trotzdem lieber ins Büro gefahren. Im Osten waren das über 30 Prozent. Immerhin 66 Prozent kamen 2020 regelmäßig ins Büro.
Der Gründer des Unternehmens Kessler wird im oben verlinkten Artikel skeptisch zu den Aussichten eines baldigen Wandels zu mehr Telearbeit zitiert: „Unternehmen reagieren derzeit eher gezwungen als gewollt auf die Realität des Homeoffice. In erster Linie wird es veranlasst, um auf die gesundheitlichen und hygienischen Bedenken von Mitarbeitern zu reagieren.“ Versicherungen, Kanzleien und Behörden würden sich eher schwer tun mit der Einführung von Homeoffice.
Die Fernuniversität Hagen verfolgt aktuell eine Langzeitstudie zum Thema und lieferte bereits erste Zwischenergebnisse aus Sicht des betrieblichen Gesundheitsmanagments: Bei den konkreten Arbeitsbedingungen wird berichtet, dass viele Fehlbelastungsfaktoren wie etwa schlechtes Informationsmanagement, fehlende soziale Unterstützung oder Unklarheiten über Verantwortungsbereiches im Homeoffice kritisch von Mitarbeitenden eingeschätzt werden. Arbeitsunterbrechungen durch Kollegen oder Kunden und soziale Belastungen wie kollegiales Mobbing oder schlechtes Führungsverhalten haben hingegen eher abgenommen. „Diese Ergebnisse unterstreichen, dass auch im Homeoffice eine Gestaltung von Arbeitsbedingungen notwendig ist, um die Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten“, betont Studienleiterin Dr. Christiane Stempel. Gründe für den überraschend häufigen Wunsch wieder in der Firma zu arbeiten, liegen wahrscheinlich auch an der unfreiwilligen Umgewöhnung und an der Wohnsituation zuhause: 54 Prozent der Befragten erklärten, dass sie vor der Corona-Pandemie (fast) nie im Homeoffice gearbeitet hätten. Nur 31 Prozent berichten, dass sie einen eigenen separaten Raum für das Arbeiten zu Hause haben.
Nachtrag zum Thema vom Ende August 2021:
Interview mit dem Arbeitspsychologen Hannes Zacher aus Leipzig zum Thema Homeoffice:
Zitat:
„Werden Menschen durch das Homeoffice unterschiedlich belastet?
Bei introvertierten Menschen hat die emotionale Erschöpfung und der Stress im Homeoffice abgenommen, weil die Konflikte eher im Büro gesehen wurden. Bei Extrovertierten ist der Grund ins Büro zurückzukehren der Kontakt zu Kollegen. Es gibt da einen Zwiespalt: Kollegen können eine große Quelle von Unterstützung und Freude sein, aber auch gleichzeitig ein Grund für Konflikte, Stress und Erschöpfung.“
Quelle: https://www.wiwo.de/erfolg/homeoffice/arbeitspsychologe-erklaert-das-homeoffice-hat-uns-neurotisch-gemacht/27548200.html